Hatch 5G Cloud Gaming im Test – Erfahrungsbericht

Das Google Stadia für Mobile Games – Hatch verspricht Spiele-Streaming für Smartphones. Das finnische Unternehmen nennt es „5G Gaming“. Ambitioniert in einem Land, dass selbst mit flächendeckenden 3G, geschweige denn 4G noch Probleme hat.

Das Konzept Spiele auf einem Server laufen zu lassen und nur das Bild zum Nutzer zu streamen ist aber definitiv innovativ und interessant. Neben den Spielen selbst gibt es spezielle Wettbewerbe, (Social-)Ranglisten und einen eigener Bereich für Kinder. Auch die Möglichkeit per Android TV auf jedem Bildschirm seiner Wahl zu spielen wird versprochen.
Ich mache mich also dran ein wenig zu zocken und die Spiele in verschiedenen Alltagssituationen auszuprobieren.

Erster Eindruck

Nach dem Download aus dem App Store und der Installation der App muss man sich zwingendermaßen mit seiner Telefonnummer anmelden. Es gibt keine Möglichkeit das mit E-Mail oder Sign-In Funktionen von Google oder Facebook zu tun. Warum das so ist erschließt sich mir nicht.

In der kostenlosen Version erhält man 20 frei spielbare Titel, während man in der Premiumvariante, für 6,99€/Monat, rund 150 verschiedene Titel spielen kann.

WiFi/WLAN

Für meinen Test entscheide ich mich für Angry Birds Go, einer Mario Kart Kopie. Um für meinen ersten Eindruck eine gutes Spielerlebnis zu erhalten, bleibe ich erstmal zu Hause in meinem schnellen und stabilen WiFi.

Hatch Erfahrungsbericht

Kurz bevor ich loslege noch schnell ein Speedtest: Download: 23,2 Mbit/s, Upload: 4,98 Mbit/s mit einer Latenz von 31ms. Google sagt: „Deine Internetverbindung müsste schnell genug sein, um auf mehreren Geräten gleichzeitig HD-Videos zu streamen.“ Klingt erstmal nicht schlecht. Der Ping ist vielleicht ein wenig hoch, aber sollte doch passen, denke ich. Weit gefehlt. Schon direkt nach Starten des Spiels werde ich wieder rausgeworfen – Zeitüberschreitung.

Auch mein zweiter Versuch läuft kaum besser. Ich schaffe es zwar ins Spiel, aber ab dann wechseln sich schwarze Bildschirme und extrem verpixelte Bilder ab.

Hatch Erfahrungsbericht

Hatch Angry Birds

Mit viel Geduld und immer in der Erwartung gleich wieder rausgeschmissen zu werden, schaffe ich es sogar ein Rennen zu starten. Aber auch das macht alles andere als Spaß. Das Bild sieht aus wie Doom 1993 und die Verzögerung bei der Lenkung macht die Mario Kart Kopie unspielbar.

4G

Ein wenig frustriert, dass es sogar schon nicht mit meiner DSL-Leitung funktioniert, wage ich mich an meinen zweiten Versuch: 4G. Ich schalte also mein WiFi aus und starte direkt wieder mit einem Speedtest: Download 33,0 Mbit/s, Upload 20,3 Mbit/s, Latenz 23ms.

Ein wenig, aber nicht viel besser. Ich mache mir keine große Hoffnung auch nur ein Rennen zu Ende fahren zu können.

Zu meinem Erstaunen werde ich aber direkt nach Spielstart vom Gegenteil überzeugt. Das Spiel läuft flüssig und ohne grafischen Einschränkungen. Auch wenn ich das Rennen verliere, sehe ich diese Runde als Erfolg an.

Ein bisschen ratlos macht mich dann aber doch wieso ich über meine marginal schlechtere WiFi Verbindung so überhaupt nicht spielen konnte, über 4G aber ohne ein einziges Problem.

5G

„5G Gaming“ nennt Hatch ihren Service. Ich denke mir also, es macht nur Sinn das Angebot auch mit 5G auszuprobieren. Mir ist klar, dass es kaum besser werden kann als mit meiner stabilen 4G Leitung, hier lief es ja schon reibungslos.

Eigentlich habe ich das Glück in einer Stadt zu leben in der mein Mobilfunkanbieter bereits mit dem 5G Ausbau begonnen hat. Nur wo genau verrät mir leider keiner.

Im Internet finden sich keine verlässlichen Informationen und auch im Ladengeschäft hat man keine Ahnung wo die neuen Mobilfunkmasten stehen könnten.

Ich muss meinen 5G Spieletest leider also auf wann anders verschieben und nachreichen.

Im Alltag

U-Bahn

Am wichtigsten ist aber eigentlich wie sich Hatch im Alltagstest schlägt. Also gerade wenn man unterwegs ist. Es ist ja schließlich ein Anbieter für Mobile Games, also Smartphone Spiele die zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg zur Arbeit, im Park oder wenn man mal wieder im Bürgerbüro wartet gespielt werden.

Mein erster Test führt mich also direkt in die Münchner U-Bahn. Eine Viertelstunde Fahrt. Eigentlich sollte hier inzwischen das 4G Netz einigermaßen ausgebaut sein, sodass ich keine Probleme haben sollte eine Runde zu spielen.

Ach wie falsch ich lag.

Das Netz ist zwar da, aber so löchrig, dass ich nicht mal eine Station weit komme bevor mein Rennen wieder unfreiwillig beendet wird. Beim Nachrichten lesen und Musik streamen (Keyword Buffering) merkt man das meist nicht, beim Spielestreaming aber dafür umso mehr. Ohne wirklich durchgehend stabile Verbindung hat man keine Chance.

Das ist insbesondere ärgerlich, weil man sich einfach nicht darauf verlassen kann seine Runde überhaupt fertig spielen zu können. Nach jeder Station könnte bereits das nächste Funkloch auf einen warten.

Deutsche Bahn

Gleiches Spiel natürlich auch in der Deutschen Bahn.

Ich habe eine längere Bahnfahrt mit dem ICE vor mir – eigentlich der perfekte Ort um ein wenig zu zocken. Aber auch das geht selbstverständlich nicht. Sowohl über meine Datenverbindung als auch über das Onboard-WiFi (das schafft es aber noch nicht mal Moderst.com zu laden, ist also eigentlich von vornherein disqualifiziert) bekomme ich es nicht hin konstant Spiele zu spielen.

Weitere Orte

Im Laufe der nächsten Tage versuche ich es noch an einigen weiteren Orten wie er Bibliothek, in einem Park und einem Einkaufszentrum.

In der Bibliothek mit schlechterem Internet als bei mir zu Hause (Download: 17,2 Mbit/s Download: 8,36 Mbit/s Latenz: 35ms) funktioniert es zu meinem Erstaunen komplett ruckelfrei. Im Einkaufszentrum dank Edge-Empfang überhaupt nicht und im Park erst nachdem ich mir eine Bank mit gutem 4G Empfang gesucht habe.

Fazit

Hatch ist eine tolle Idee welche ihrer Zeit voraus ist. Die App ist einfach zu bedienen, die Spieleauswahl großartig und wenn es funktioniert, macht es wirklich Spaß. Aber leider liegt genau hier das Problem: wenn es funktioniert. Das tut es leider in vielen Fällen einfach nicht.

Das liegt jedoch nicht an Hatch, sondern am Internet-Entwicklungsland Deutschland. Nicht mal in einer Millionenstadt wie München hat man stabil und konstant genug mobiles Internet, als das man Hatch entspannt nutzen könnte. Gerade wenn man sich bewegt, wie beispielsweise bei Bahnfahrten, hat man keine Chance die App ordentlich zu nutzen. Ich will mir gar nicht vorstellen wie es für Menschen ist, die auf dem Land leben. Mit einer Edge-Verbindung aus der Hölle ist an Spiele-Streaming nicht zu denken.

Abgesehen von den Internetproblemen macht Streaming von Mobile Games momentan einfach (noch) nicht viel Sinn. Aktuelle Top Spiele Titel laufen auch auf den meisten unteren Mittelklasse Smartphones, die Spiele brauchen nicht unendlich viel Speicherplatz und es gibt nicht wirklich exklusive Titel für die beiden Plattformen Android und iOS. (wie bspw. PlayStation und Xbox).

Wenngleich Hatch also eine innovative Idee ist, macht sie aktuell einfach noch zu wenig Sinn um sich hier durchzusetzen. Erst wenn Internet-Deutschland das Jahr 2005 verlassen hat und man sich auf eine einigermaßen stabile Internetverbindung verlassen kann, hat Hatch überhaupt eine Chance, wenngleich wahrscheinlich auch eher bei intensiven Gamern. Ich hoffe die Finnen haben einen langen Atem.